Samstag hatte ich im 5e Arrondissement ein paar Erledigungen, dank derer ich mich in die Gegend um Place Monge / Montagne Sainte-Geneviève begeben durfte. Ein Kofferreparturgeschäft, vor dem die Leute nach der Urlaubszeit und an einem Samstag durchaus in der Warteschlange stehen, und in dem angesichts der Gepäckstücke der Ruf nach Reisen in die weite Welt weht.
Die Zeitschrift Morsure mit dem Artikel von Tacuabé war zwar noch nicht erschienen, dafür wurde ich dadurch auf die sehr nette Café-Buchhandlung TRAM aufmerksam gemacht. Da alle Plätze auf der Terrasse bereits belegt waren, und es zu schoen war, um drinnen zu sitzen, habe ich mich auf die Buchhandlung konzentriert, und bei dem sehr netten und guten libanesischen Restaurant ein paar Schritte weiter gegessen.
Mit dem reparierten Koffer bin ich sogar bis Pont Neuf gerollt. So gemischt das Wetter den Sommer über in Paris war, an diesem ersten Septemberwochenende zeigte es sich sehr sommerlich. Obwohl es später am Samstag sehr plötzlich eine Regenunterbrechung gab, die mich just beim Einkaufen ereilt hat. Ich hatte keinerlei Regenschutz mit, wartete, gemeinsam mit anderen, unter diversen Vordächern, dass sich der Regen etwas legt. Die Sonne und Regen waren gleichzeitig zu sehen, es handelte sich wohl um eine sehr lokale Regenwolke, von denen ich später auch noch andere in der Ferne erspähen konnte.
Zum Treffen mit Manfred an der Seine war bis auf ein paar Regentropfen alles wieder gut.
Sonntag erledigte ich diverse Hausarbeit und schwang mich am Nachmittag auf das Fahrrad. Zunächst ein wenig planlos, radelte ich schließlich nach Neuilly in Vorbereitung auf die Performance anlässlich der Journées du Matrimoine. Nach etlichen Proben fand ich es gut, die Location noch einmal unter diesem Gesichtspunkt anzusehen. Noch dazu ist es so, dass das Gebäude nicht zugänglich sein wird, und die Sackgasse und der Gehsteig davor Bühne für die Konferenz und die Performance sein werden.
Dann stand ich da so in Neuilly und überlegte, wohin jetzt? Ich fuhr über die Pont de Neuilly und erkundete das am Sonntag durchaus wenig frequentierte Viertel La Défense. Kein Vergleich zu dem regen Treiben an Wochentagen auf der Esplanade. Aber die Welt geht hinter der Grande Arche weiter. Ich pedalierte Richtung nächste Seine-Schleife durch Courbevoie und Nanterre. Das Verkehrsaufkommen ist selbst am Sonntag massiv; und das stimmt mich angesichts der Klimasituation traurig. Die Ausbauarbeiten der öffentlichen Verkehrsmittel laufen, zahlreiche Baustellen in und außerhalb von Paris zeugen davon. Der Individualverkehr wird dennoch eine wesentliche Rolle spielen, umso mehr, als die Leute mit flexibleren Arbeitsmodellen und dem Wunsch nach Natur in weniger gut erschlossene Gegenden siedeln nach dem Motto: Mehr Natur mit dem eigenen Auto. Die besonders entlang der Verlängerungen der Hauptachsen entstandenen langgestreckten Neubausiedlungen liegen freilich an diesem Netz von Tram, Bahn, RER, Métro. Charme sprüht die architektonische Gestaltung nicht gerade aus. Viel versiegelt Flächen um, Verkehrsflächen und Gebäude, bislang sticht wenig Grün ins Auge. Es fehlt mir die Vorstellungskraft, wie sich dort das Grätzelleben einstellen wird. Die Zukunft wird es weisen. Und mich hoffentlich eines Besseren belehren.
Die Nähe der Seine ist in jedem Fall ein Bonus, stelle ich wieder einmal fest, als ich dann am Radweg und den Grünbereichen ankomme, die zwischen Siedlung und Flußschleife angelegt sind, angekommen war. Die oft bewaldeten Flußinseln tragen zu dem freundlichen Bild auf alle Fälle bei. Ich entschloss mich, Richtung Rueil-Malmaison und der Île des impressionnistes zu fahren. Die ich zwar nicht direkt besucht habe, aber die auf dem Weg zum Château de Malmaison lag. Die Schlossbesichtigung war wegen des bereits ausgeschöpften Besucherkontingentes nicht möglich, der Park hingegen war zugänglich. Ein wenig auf den Spuren von Napoléon und Joséphine unterwegs zu sein war spannend. Das ist wohl auch der Grund für das Publikumsinteresse, der 200. Todestag von Napoléon wird mit etlichen Veranstaltungen in Frankreich und eben auch einer Ausstellung in besagtem Schloss begangen, die gestern geendet hat, noch dazu bei freiem Eintritt, denn es war der 1. Sonntag des Monats.
Da ich an den noch vor mir liegenden Rückweg dachte, und die unbekannte Wegstrecke nicht gut einschätzen konnte, blieb ich weniger lange als ich es sonst vielleicht ausgekostet hätte. Die Anlagen in Malmaison sind durchaus weitläufig und das sonnige Wetter hätte zu einem längeren Verweilen eingeladen. Die Flußschleifen und Malmaison kommen sicherlich auf meine Liste möglicher Ausflugsziele. Zurück nach Paris muß man den Hügel bei Malmaison überwinden, der durchaus beachtliche Steigungen aufweist, wie ich schon bei meinem Ausflug auf die Zitadelle und den Wald von Malmaison in den Beinen zu spüren bekommen hatte. Die Ausblicke auf Paris sind jedenfalls wahrlich ein Genuss. Und wo es bergauf geht, geht es danach auch wieder bergab. Kurz nach 18h war ich wieder zu Hause.
Auf arte.tv on demand gibt es gerade den Film „Portrait de la jeune fille en feu“ von Céline Sciamma in der Auswahl, den ich mir in zwei Etappen am Wochenende angesehen habe. War ganz gut, zum Teil etwas zu vorhersehbar oder gar dick aufgetragen ffür meinen Geschmack.