Eine kleine Reise in die Vergangenheit

Publié le 15 Septembre 2009

Mein Arbeitgeber sponserte etlichen meiner Kollegen, mir inklusive, einen Storytelling Workshop. Kern war die Sommerhausaufgabe, die darin bestand 10 Geschichten rund um die Firma zu verfassen. Meine Geschichten wurden besonders positiv aufgenommen, was mich mit Freude und Stolz erfüllt. Man ermunterte mich mein verborgenes Talent ein wenig zu kultivieren.

Ich lese gerade das Buch „Fast eine Kindheit“ von Hans-Georg Behr, in dem der Autor seine Kindheit in den 30er und 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts schildert.

Genanntes gibt mir Anlass eine Geschichte zu erzählen, die von einem weiteren Erlebnis genährt ist:

In meinem „Hausgarten“ Parc de Monceau bin ich in den letzten Tagen von den herabgefallenen Kastanien fasziniert. Heute hob ich eine besonders braun glänzende auf. Und das löste eine Flut von Erinnerungen an meine Kindheit aus. Denn…

 

Vor dem Garten meiner Eltern stehen zwei riesige Kastanienbäume, links und rechts von der Statue des Heiligen Koloman, der die Schulkinder immer so gerne die Hand verdrehten und ausrissen. Im Herbst verwandelten sich die beiden Bäume in ein herrliches Spielgerät. Die Kastanien wurden aufgeklaubt und zu einem Haufen zusammengetragen. Sie fühlten sich wunderbar glatt und kühl an. Meist brachten wir sie dann zum Jäger, der von allen der „alte Herr Kummer“ genannt wurde, der wiederum die Rehe damit fütterte. Ob die Kastanien tatsächlich willkommene Futterbeigaben waren oder auf dem Kompost endeten kann ich nicht sagen. Jedenfalls schien Herr Kummer erfreut und verriet uns das wahre Schicksal des Sacks voller Kastanien nicht. Manchmal ließ er uns in seine Hafnerwerkstatt hinein, wo mich ein anderes haptisches Erlebnis erwartete, das Anfassen des frischen Tons, dessen Geruch mir noch heute in der Nase präsent ist. Manchmal durften wir welchen kaufen und zu Hause nach Lust und Laune formen und kneten.

Die Bäume warfen nicht nur Kastanien sondern auch ihr Laub ab, das ich ebenfalls zu Haufen auftürmte, um anschließend hineinzuspringen. Am liebsten von der Gartenmauer aus. Es war eine Mutprobe, von welcher Mauerhöhe ich mich noch bäuchlings in das Laub fallen lassen getraute. Ich liebte die Fallschirmspringer-Serie mit Pierre Brice und tat nichts lieber als auch so wie „ein Mädchen fällt vom Himmel“, Arme und Beine vom Körper weggestreckt, ins Laub zu segeln. Die Oktober- und Novemberstürme konnten dabei noch so durch die Wachau blasen, das hob noch zusätzlich die Spannung bei meinen tollkühnen Sprüngen.

 

Der Garten war zwar ein feines Spielareal, aber noch besser und unbeobachteter von Mutterns Blicken waren Ausflüge zumeist per Steckenpferd auf die Kausl-Wiesn. Meine Freundin Anni hatte ein vom Tischler Pigall gefertigtes dunkelbraunes Steckenpferd, um das ich sie beneidete, hatte ich doch anfangs immer nur einen einfachen Holzstab zum Steckpferd auserkoren, an dem ich ein Zügel aus Spagat befestigte und zu dem ich mir den Pferdekopf dazudachte. Aber eines Tages brachte mein Onkel Ernst ein Steckenpferd für mich: Es hatte einen eher eckigen Kopf, mit Augen, Nüstern und Mähne auf das helle Pressspanholz aufgemalt. Der Kopf war mit Metallplatten und Schrauben mit dem Stiel verbunden. Unzähligen Ausritten unternahmen Iltschi und ich zusammen. Die wildesten Indianer- und Cowboygeschichten dachten Anni und ich uns aus und setzten sie Nachmittage lang in Szene.

 

Im Frühling und bis zur Mahd war die Kausl-Wiesn übersät mit Blumen. Die Traubenhyazinthen, die wir Rauchfangkehrer nannten, mochte ich wegen ihrer Farbe und ihrer Form besonders. Und die Himmelschlüssel, stellte ich mir doch vor, dass ich damit wirklich den Himmel aufsperren könnte. Das Vergnügen durch die für uns hüfthohe Wiese zu laufen wurde etwas später im Jahr durch das Hineinkriechen in die Heuschober abgelöst. Bei uns wurden die zeltartig gebaut und drei Kinder hatten ausreichend Platz in dem Versteck. Das Heu aus Haar und von der Kleidung abzubekommen gelang trotz aller Bemühungen nicht immer ausreichend, die Standpauken von den Erwachsenen blieben nicht aus.

 

Auf dem Rückweg von der Kausl-Wiesn warteten noch zahlreiche Orte, die unbedingt und möglichst ohne Ausnahme aufgesucht werden mussten: Der Heimweg war folglich zeitgerecht anzutreten, um nicht allzu sehr nach der zugestandenen und oft abgebettelten Uhrzeit zu Hause zu erscheinen. Das Metallgeländer an der Bahnböschung lud noch zu Knieum- und Felgeaufschwüngen ein. Die Strauchgruppe rund um einen Schotterhaufen, die wir für ein ganz geheimes Versteck hielten, durfte nicht ausgelassen werden. Die beiden Fichtenbäume neben dem Bahngleis ebenso nicht. Auf einen kletterte ich gerne, nicht ohne vorher zu prüfen, ob ich die Äste für trocken genug erachtete. Die Stromleitung lief durch den Baum und die Erwachsenen warnten davor hinaufzusteigen. Hin und Hergerissen zwischen sicher übertrieben dargestellte Gefahr und etwa doch was Wahres daran ließ ich mir den Ausblick von dem Baum aus auf Viadukt und die Hügelkette Richtung Rantenberg nicht ganz nehmen.

 

Der Garten der Ratberger war eine weitere Station auf dem Heimweg, vor allem wenn die Kirschen reif waren. Die Ratbergers kamen immer nur zur Gartenarbeit und hatten ihr Haus auf einem anderen Grundstück. So konnten wir mehr oder weniger unbeobachtet auf die Kirschbäume steigen. Nur manchmal bemerkten wir zu spät, dass die Ratbergers gerade gießen, jäten oder ernten kamen und waren auf den Bäumen gefangen. Unsere Versuche keinen Laut zu verursachen scheiterten meist, und Herr Ratberger war fuchsteufelswild. Mit seinem schwarzen Metallgreifer, der seine Hand ersetzte, fuchtelte er in unsere Richtung. Aber als er in den Kirschenräubern die Mädels aus der Siedlung erkannte wurde er gleich wieder friedlich und ermunterte uns so viele Kirschen zu essen wie wir nur wollten. Unsere Bäuche wölbten sich da aber zumeist ohnehin schon. Zudem war es höchste Zeit nach Hause zu flitzen.

Rédigé par Jutta

Publié dans #parisplages

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M
hatte ich doch heute früh einen heißen werbetipp gepostet und weg ist er:www.emmersdorf.at
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M
:-D ich hatte ein super tolle Winnetou-Gewehr dunkelbraun lackiert und mit Nieten... wenn der Rexgummi frisch war huiiii...
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